Köln (KNA) Der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide hat die geplante Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee scharf kritisiert. „Nach außen scheint das so, als wäre das eine fromme Handlung“, sagte er am Dienstag im Interview des Deutschlandfunks. Tatsächlich werde Religion instrumentalisiert, um Macht zu demonstrieren. Zudem gehe es darum, zu zeigen: „Ich, im Namen des Islams, kann die Christen symbolhaft erniedrigen“, fügte Khorchide hinzu. Dadurch werde eine Spaltung in den Islam einerseits und ein „Feindbild Christentum oder Feindbild Westen“ andererseits verfestigt. Dies mache aus seiner Sicht den politischen Islam aus: „Seine Machtansprüche, die er versucht, im Namen des Heiligen zu legitimieren, aber auf Kosten der Aushöhlung des Islams von seiner Spiritualität, von seinen ethischen Dimensionen.“
Er verstehe, dass sich etwa Papst Franziskus über die Entscheidung zur Hagia Sophia enttäuscht gezeigt habe, sagte der Wissenschaftler weiter. „Wir brauchen Gesten der Anerkennung, der Würdigung von anderen.“ Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan gehöre jedoch zu den „Spaltern“. In seinem kürzlich veröffentlichten Buch „Gottes falsche Anwälte – Der Verrat am Islam“ fordert Khorchide, den Koran und die Prophetenüberlieferungen neu zu interpretieren. Ihm gehe es um die Stärkung von menschenfreundlichen Auslegungen des Islam, betonte er. Die geplante Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee stößt international auf Kritik. Nach dem Willen Erdogans soll dort am 24. Juli erstmals ein Freitagsgebet stattfinden.
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