Freiburg (KNA) Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz hat kein Problem mit der Vorstellung, dass Richter ein islamisches Kopftuch oder eine jüdische Kippa tragen. Der Staat sei neutral, die Menschen, die ihn ausmachen, aber nicht, sagte der Beauftragte der Grünen-Bundestagsfraktion für Religion und Weltanschauungen in einem Interview der Freiburger “Herder Korrespondenz”. Die Neutralität des Staates erweise sich durch Toleranz und nicht durch eine Religionsferne der Bürger.
Dass Richter neutrale Personen ohne individuelles Wertegerüst seien, hält er für “eine Fiktion”. “Es ist Augenwischerei, diese Fiktion aufrechtzuerhalten, indem man religiöse Symbole verbannt.” Der promovierte evangelische Kirchenrechtler betont, jeder könne die im Grundgesetz formulierte Glaubensfreiheit für sich in Anspruch nehmen: “Nur die Wand in Bayern kann es nicht. Deswegen kritisiere ich die CSU-Politik deutlich. Für mich hat das Kruzifix an der Wand im Gerichtssaal nichts zu suchen.”
Mit Blick auf die Diskussion über den rechtlichen Umgang mit Selbsttötung betont der Politiker, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts werde “in der Gesetzgebung große Probleme machen”. Sobald zur Verwirklichung der Autonomie “eine wie auch immer geartete Fremdtötung gefordert wird, verliert man ethisch den Boden unter den Füßen”. Wenn Ärzte Gift verabreichten, stelle das “alle unsere Grundsätze auf den Kopf”.
Von Notz äußert den Wunsch, dass “der Gesetzgeber gerade an der Schwelle von Leben und Tod sich einem hohen ethischen Maßstab unterwirft und jede Form von Kommerz und Normalisierung ausschließt”. Der Staat dürfe “nie den Tod auf dem Silbertablett präsentieren”. Von Notz geht davon aus, dass bei den Beratungen im Bundestag zu dem Thema die Fraktionsdisziplin aufgehoben wird.
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