Berlin (KNA) Der deutschen Islampolitik mangelt es nach Ansicht des Göttinger Staatskirchenrechtlers Hans-Michael Heinig an einem klaren Kurs. Es fehle an “präzise formulierten Zielen, darauf zugeschnittenen Instrumenten und realistischen Zeitvorstellungen”, schreibt Heinig in einem Gastbeitrag für die “Welt” (Mittwoch). Die Deutsche Islamkonferenz als Dialogplattform zwischen Staat und Muslimen habe bislang nur “punktuell” weiterführende Impulse setzen können. “Auch unser Föderalismus hemmt eine Religionspolitik aus einem Guss.”
Manche politische Debatte, etwa der Streit um das Kopftuch, habe zudem auf Abwege geführt, meint der Staatskirchenrechtler. “Man wird bezweifeln dürfen, ob wir als Gesellschaft gut beraten waren, uns derart obsessiv damit zu beschäftigen, was Muslima auf dem Kopf tragen, anstatt uns ernsthaft darauf zu konzentrieren, was im Kopf gedacht wird.”
Wichtiger wäre aus Sicht des Juristen beispielsweise, sich dem islamischen Religionsunterricht zu widmen. Dieser sei in seiner gegenwärtigen Form “vom Verfassungsideal eines von echten Religionsgemeinschaften getragenen Religionsunterrichts in allen öffentlichen Schulen weit entfernt”. Das wiederum liege unter anderem an Unsicherheiten im Umgang mit den großen Islamverbänden, die sich teilweise nicht von radikalen Kräften oder ausländischen Einflüssen frei machten.
Allerdings, so Heinig weiter, gebe es auch Erfolge zu vermelden, etwa die “im Großen und Ganzen gelungene Etablierung islamischer Theologie an staatlichen Universitäten. Unter Beteiligung vieler Verbände, wohlgemerkt.”
Als weitere Maßnahmen schlägt der Jurist vor, in den Bundesländern ein einheitliches Verfahren zu schaffen, “in dem religiöse Organisationen ihre Eigenschaft als Religionsgemeinschaft im Rechtssinne feststellen lassen können”. Entsprechende Vorgaben wären in einem Staatsvertrag festzulegen, der auf diese Weise auch die “spärlichen Formulierungen des Grundgesetzes” konkretisieren würde.
“Intensiv sollte man darüber nachdenken, wie die Einhaltung finanzieller Transparenzstandards zur Voraussetzung für die Kooperation mit dem Staat gemacht werden kann”, sagte er. “So würden Abhängigkeiten vom Ausland deutlicher zutage treten.” Diskussionswürdig sei auch die Gründung eines Thinktanks, der, ähnlich der Stiftung Wissenschaft und Politik auf dem Feld der Außenpolitik, “Fachwissen für die Formulierung einer informierten Religionspolitik jenseits verbreiteter Ressentiments” bereitstelle.
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