Berlin (KNA) Hass und Hetze im Internet sind aus Sicht von muslimischen Verbänden in Europa eine zunehmende Bedrohung. In einer aktuellen Umfrage in acht Ländern hätten die meisten Verbände Hass und Hetze im Netz als mindestens genauso gefährlich wie Angriffe oder Übergriffe auf der Straße bewertet, sagte der Beauftragte des Europarats gegen Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit, Daniel Höltgen, am Dienstag in Berlin. Er sprach von einem gefährlichen Trend. Es handele sich oft um Morddrohungen, Aufrufe zu Gewalt und verrohte Sprache, die nicht durch freie Meinungsäußerung gedeckt seien.
Der überwiegende Teil der Verbände gab an, entsprechende Beiträge würden meist anonym verfasst. Zugleich lasse sich aber beobachten, dass die Hemmschwelle sinke und etwa häufiger Klarnamen genutzt würden. Es sei fast schon akzeptabel in manchen Kreisen, Hassposts zu verschicken und damit die muslimische Gemeinschaft zu beleidigen, sagte Höltgen. Als häufigste erkennbare Verfasser seien Rechtsextreme, Rassisten und Einwanderungsgegner angegeben worden.
An der stichprobenartigen Umfrage waren unter anderem Verbände aus den Ländern mit den größten muslimischen Gemeinschaften – Deutschland, Frankreich und Großbritannien – beteiligt.
Viele kritisierten, dass staatliche Stellen nicht genug für den Schutz von Muslimen täten, erklärte der Beauftragte. So würden muslimfeindliche Vorfälle unzureichend erfasst, und in Strafverfolgungsbehörden und anderen öffentlichen Stellen herrsche ein mangelndes Bewusstsein für dieses Problem. Auch fehle bei vielen Politikern weiterhin die Bereitschaft, sich mit dem Thema zu beschäftigen.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, kritisierte ebenfalls, dass antimuslimischer Rassismus noch zu wenig erfasst und erforscht werde. Die Entwicklung sei besorgniserregend. So seien im vergangenen Jahr mehr als 1.000 islamfeindliche Straftaten in Deutschland erfasst worden.
Mazyek mahnte, Muslimfeindlichkeit wie auch Hass auf Sinti und Roma oder Juden nicht nur als Bedrohung für die jeweilige Gemeinschaft, sondern als Gefahr für Demokratie und Freiheit anzusehen. Zwar habe die Mehrheit der Gesellschaft keine Sympathien für Extremismus, sie müsse aber mehr dagegen tun, forderte der Zentralratsvorsitzende.
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