Stuttgart (KNA) Das baden-württembergische Kultusministerium weist Kritik an der Organisation des islamischen Schulunterrichts zurück. Das Ministerium stehe “nach wie vor vorbehaltlos” hinter der Stiftung Sunnitischer Schulrat, die den Religionsunterricht seit 2019 organisiert. Die Beziehungen zwischen Land und Stiftung seien denen zwischen Staat und Kirchen “nachgebildet” und ergäben sich aus den Vorgaben des Grundgesetzes, sagte ein Sprecher am Freitag in Stuttgart.
Auch gebe es “keinerlei Anlass zur Besorgnis, dass im Vorstand radikale, extremistische oder in sonstiger Weise problematische Ansichten vorhanden wären”, so der Sprecher. Vielmehr nehme die Regierung Entscheidungen der Stiftung als “umsichtig und rechtlich nicht zu beanstanden wahr”. Die Zusammenarbeit sei “sehr gut und konstruktiv”.
Hintergrund des Stellungnahme ist der Konflikt um die Lehrerlaubnisse für die Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi und Abdel-Hafiez Massud. Die Stiftung verweigert beiden bislang eine Lehrerlaubnis. Die ist Voraussetzung, um weiter in der Lehrerausbildung arbeiten zu können.
Ourghi wirft der Stiftung vor, ihn wegen einer liberalen, modernen Islamauslegung zu behindern. Er hatte sich wiederholt für eine grundlegende Reform von Theologie und religiöser Praxis des Islam ausgesprochen. Die Stiftung erklärte, die Ablehnung der Lehrerlaubnis basiere auf der zwischen Land und Stiftung vereinbarten Satzung, wonach Lehrbefugnisse an Hochschullehrer nur dann erteilt werden können, wenn diese ein Lehramtsstudium im Fach Islamische Theologie/Religionspädagogik oder einen “gleichwertigen” akademischen Abschluss haben.
Derzeit prüft eine Schiedskommission die Ablehnung der Stiftung. Wann die mit drei Personen besetzte Kommission entscheidet, ist unklar. Laut Kultusministerium wartet die Kommission derzeit auf angeforderte Unterlagen.
Eingerichtet wurde die Stiftung Sunnitischer Schulrat auf Basis eines im Juli 2019 geschlossenen Vertrags zwischen Baden-Württemberg mit dem Landesverband der Islamischen Kulturzentren Baden-Württemberg und der Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken. Ourghi kritisiert, die beiden Verbände verträten einen konservativen Islam und sprächen nicht für die Mehrheit der Muslime in Baden-Württemberg.
Zu den Aufgaben der Stiftung gehört es, den islamischen Religionsunterricht an Schulen zu organisieren. Derzeit nehmen landesweit rund 6.000 Mädchen und Jungen an 86 Schulen am islamischen Religionsunterricht teil. Künftige islamische Religionslehrerinnen und -lehrer werden derzeit an den Pädagogischen Hochschulen Freiburg, Karlsruhe, Ludwigsburg und Weingarten ausgebildet. Im Wintersemester 20/21 waren hier rund 200 Studierende eingeschrieben. Zudem gibt es an der Uni Tübingen etwa 100 Studierende im Fach “Islamische Religionslehre”.
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