Ein Iraner tritt in Österreich zum christlichen Glauben über – nach österreichischem Recht ein Asylgrund nur dann, wenn die Glaubensüberzeugung schon im Heimatland bestand. Der Europäische Gerichtshof sieht es anders.
Luxemburg (KNA) Ein Asylantrag in der EU aufgrund eines Religionswechsels nach dem Verlassen des Herkunftslandes kann nicht automatisch als missbräuchlich abgelehnt werden. Das stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg in einem Urteil am Donnerstag klar. In dem konkreten Fall geht es um einen nach Österreich geflüchteten Iraner, dessen erstes Schutzgesuch abgewiesen wurde und der bei seinem zweiten Antrag geltend machte, sich zwischenzeitlich zum Christentum bekehrt zu haben.
Die österreichischen Behörden hatten anerkannt, dass der Mann „aus innerer Überzeugung“ Christ geworden sei, er diesen Glauben aktiv lebe und deshalb bei einer Rückkehr in den Iran mit Verfolgung rechnen müsse. Sie gewährten ihm jedoch nur subsidiären Schutz ohne Anerkennung als Flüchtling, da er die Verfolgungsgefahr nach Verlassen seines Herkunftslandes selbst geschaffen habe.
Nach geltendem EU-Recht, das durch die sogenannte Anerkennungsrichtlinie geregelt wird, ist laut EuGH-Entscheid in einem solchen Fall nicht automatisch davon auszugehen, dass eine Missbrauchsabsicht vorliegt oder der Antragsteller das Asylverfahren instrumentalisieren will. Jeder Folgeantrag sei individuell zu prüfen.
Wenn, wie im vorliegenden Fall, der Betroffene glaubhaft machen könne, „aus innerer Überzeugung“ konvertiert zu sein und diese Religion zu praktizieren, schließe dies eine Missbrauchsabsicht aus. Sofern ein solcher Antragsteller die in der Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen erfülle, sei ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, urteilte der EuGH.
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