Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat die Beschäftigungsverhältnisse von Flüchtlingen untersucht. Ergebnis: Mit der Zeit in Deutschland steigt die Erwerbstätigenquote. Und nicht nur die.
Nürnberg/Berlin (KNA) Je länger Flüchtlinge in Deutschland leben, desto mehr von ihnen haben Arbeit. Das gilt zumindest in Bezug auf die 2013 bis 2019 zugezogenen Geflüchteten, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag in Nürnberg mitteilte. Demnach liegt die Erwerbstätigenquote sieben Jahre nach dem Zuzug bei 63 Prozent, acht Jahre danach bei 68 Prozent.
„Mit zunehmender Aufenthaltsdauer stiegen nicht nur die Erwerbstätigenquoten, auch die Beschäftigungsqualität verbesserte sich“, hieß es weiter. „So waren 76 Prozent der beschäftigten Geflüchteten, die 2015 zugezogen sind, 2022 in Vollzeit beschäftigt. Die mittleren Bruttomonatsverdienste lagen für Vollzeiterwerbstätige der 2015 zugezogenen Kohorte bei 2.570 Euro, für alle erwerbstätigen Geflüchteten bei 2.250 Euro. Mit einem mittleren Bruttostundenlohn von 13,70 Euro lagen die mittleren Verdienste der 2015er-Kohorte im Jahr 2022 über der Niedriglohnschwelle von 12,50 Euro in Deutschland.“
IAB-Forschungsbereichsleiter Herbert Brücker sagte, die Beschleunigung der Asylverfahren und die Verringerung der Fristen für Beschäftigungsverbote bedeuteten einen Anstieg der Erwerbstätigenquoten der Geflüchteten. Wohnsitzauflagen behinderten die Erwerbsaufnahme. Gleiches gelte für die Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen. Für Männer, die in solchen Gemeinschaftsunterkünften lebten, sei die Wahrscheinlichkeit, erwerbstätig zu sein, um fünf Prozentpunkte geringer, für Frauen um drei Prozentpunkte.
IAB-Forschungsbereichsleiterin Yuliya Kosyakova ergänzte, vor allem Frauen profitierten von Integrations- und Sprachkursen. „Ebenso steht die Arbeitsmarkt- und Berufsberatung der Jobcenter und Arbeitsagenturen in einem positiven Zusammenhang mit den Erwerbstätigenquoten. Ein früherer Beginn dieser Maßnahmen könnte die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten beschleunigen.“
Dabei sind Sprachkenntnisse aus Sicht der Forscher keine zwingende Voraussetzung für die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt. „Man kommt auch in den Arbeitsmarkt rein, wenn man nicht Deutsch kann“, sagte Brücker am Donnerstag im ZDF-Morgenmagazin. Allerdings sei es mit Sprachkenntnissen deutlich leichter, eine Anstellung zu finden, da auch viele Unternehmen dies zunächst verlangten.
Zudem betonte Brücker, dass eine niedrigere Erwerbstätigkeitsquote von 33 Prozent bei geflüchteten Frauen laut Studie nicht auf konservative Wertvorstellungen zurückzuführen sei. „Die Frauen wollen arbeiten.“ Wichtigere Ursachen seien drei oder mehr Kinder, die betreut werden müssten, sowie zusätzliche Qualifikationen, die geflüchtete Frauen etwa als Lehrerinnen oder Erzieherinnen erst noch erwerben müssten.
Das IAB beruft sich auf die IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten. Diese werde jährlich vom IAB gemeinsam mit dem Forschungszentrum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) und dem Sozioökonomischen Panel (SOEP) durchgeführt. Die Stichprobe werde aus dem Ausländerzentralregister gezogen.
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