Liebe Leserinnen und Leser,
zwei große Sportereignisse prägten die letzten Monate: Die Fußballeuropameisterschaft war ein großes Fest, bei dem viele Menschen aus Europa und darüber hinaus Gastfreundschaft erlebten und ausgelassen feiern konnten. Bedauerlich ist nur, dass es die deutsche Mannschaft nicht ins Finale schaffte. Die Olympischen Spiele in Paris wiederum beeindruckten mit harmonischen Wettkämpfen vor malerischen Kulissen. Beide Großereignisse haben für einen Moment den Blick der Welt auf sportliche Leistungen gelenkt, selbst wenn es natürlich auch im Sport politische Zeichen gibt und es wegen dieser und unsportlichen Verhaltens Sanktionen gab. Dennoch können wir froh darüber sein, dass diese Sportveranstaltungen Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen, Religionen und Regionen dieser Welt zusammenbringen und doch ein Stück zur Verständigung und zum friedlichen Miteinander beitragen.
Die Gewaltspirale im Nahen Osten findet nach wie vor leider kein Ende. Dass dieser Konflikt auch Auswirkungen auf Deutschland hat, war an dieser Stelle mehrfach Thema. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat das Islamische Zentrum Hamburg am 24. Juli als „bedeutendes Propagandazentrum Irans in Europa“ verboten und die dazugehörige Imam-Ali-Moschee beschlagnahmt. Entsprechend wurden in ca. 300 schiitischen Organisationen Durchsuchungen angeordnet, weitere Zentren geschlossen, u. a. in Frankfurt und Rödelheim, und Vermögen konfisziert. Seitdem steht auch die sog. „Blaue Moschee“ in Hamburg unter Verwaltung des Bundes. Der IZH wurde schon seit Jahren durch den Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft und stand unter Beobachtung. Das ist ein herber Schlag gegen schiitisch motivierten Islamismus und eine Warnung auch an andere extremistische Organisationen.
Zwei 50-jährige Jubiläen finden in dieser Ausgabe ihren Platz und zeigen auf, dass der interreligiöse Dialog und das muslimische Leben in Deutschland inzwischen auf eine lange Tradition zurückblicken können. Der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) feierte im letzten Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Gerdien Jonker beleuchtet den internen Umgang mit dem religiösen Erbe des Verbands historisch und konkret in zwei Begegnungen mit der Generation Z. Die theologische Auseinandersetzung mit religiös Anderen wird bei der für den VIKZ prägenden Gründungsfigur Süleyman Hilmi Tunahan neben Said Nursi von Hanife Tosun vergleichend untersucht. Das zweite anstehende Jubiläum ist das 50-jährige Bestehen des interreligiösen Dialogs mit eigenem Fachbereich im Erzbistum Köln. Die Fachbereichsleiterin Anna-Maria Fischer schildert die Anfänge, weitere Entwicklungen und die Verankerung des christlich-islamischen bzw. interreligiösen Dialogs im Erzbistum Köln und zieht einen roten Faden von Nostra aetate bis in die Gegenwart (den Beitrag finden Sie hier). Ihr Vorgänger im Amt, Werner Höbsch, nimmt diesen Meilenstein zum Anlass, seine Erfahrungen im Erzbistum zu schildern, und reflektiert die Bedeutung der theologischen Voraussetzungen für die Basisarbeit des Dialogs. Hier sei auch darauf verwiesen, dass der Beitrag von Hanife Tosun im vorliegenden Heft ihre erfolgreiche Masterarbeit in interreligiöser Dialogkompetenz an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen zur Grundlage hat. Der Studiengang wird vom Fachbereich des Erzbistums Köln mitverantwortet. „Nichts ist verloren, wenn man den Dialog wirklich praktiziert“, sagte einmal Papst Franziskus. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude bei der Lektüre!
Ihr Timo Güzelmansur
INHALT
Studien
Dialog lernen. Grundlagen und Entwicklungen von Kompetenzen im interreligiösen Dialog
Werner Höbsch
Fünfzig Jahre Deutschland. Das bewogene Leben des Verbands der Islamischen Kulturzentren
Gerdien Jonker
Zwischen Glauben und Wandel in Zeiten des Umbruchs. Die theologische Auseinandersetzung von Said Nursi und Süleyman Hilmi Tunahan mit dem religiös Anderen und ihrer Behandlung im Jenseits
Hanife Tosun
Dokumentation
Grußbotschaft von Papst Franziskus an eine Delegation der Moschee von Bologna
Vatikanstadt, 26. Juni 2024
Segenswünsche der Deutschen Bischofskonferenz an Aleviten
zum Muharrem-Fasten und Aşure-Fest 2024
Bonn, 5. Juli 2024
Berichte
CreAction – Interreligiöse Ansätze zu Klimagerechtigkeit. Studientage und Tagung,
Stuttgart, 3.–5. Mai 2024
Büşra Çebi
The Concept of Prophecy and the Concept of Spiritual Beings in Judaism, Christianity and Islam. Tagung der Konferenzreihe „Key Concepts in Interreligious Discourses“, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 26.–28. Juni 2024
Gerrit Mauritz
„Jesuits disturb religious homogenisation“. Versammlung „Jesuits among Muslims“,
Berlin 30.06.–05.07.2024
Tobias Specker SJ
Mitgliedertagung der International Qur’anic Studies Association (IQSA),
London, 15.–18. Juli 2024
Frank van der Velden
Auf dem Weg zu und mit den Menschen: 50 Jahre interreligiöser Dialog im Erzbistum Köln
Anna-Maria Fischer (den Beitrag finden Sie hier)
Buchbesprechungen
Roborgh, Herman/Edwin, Victor (Hg.):
Witness to a Common Hope. Festschrift in honour of Father Christian W. Troll SJ
Frank van der Velden
Wohlrab-Sahr, Monika/Tezcan, Levent (Hg.): Islam in Europa. Institutionalisierung und Konflikt
Sebastian Prinz