Mülheim (KNA) Der muslimische Theologe Mouhanad Khorchide sieht ein Überangebot an islamisch-theologischen Zentren an deutschen Universitäten. Die sechs und demnächst sieben Einrichtungen in der Bundesrepublik seien “zu viel, weil wir kein Personal haben”, sagte der Direktor des Zentrums für Islamische Theologie (ZIT) an der Universität Münster am Montag in Mülheim an der Ruhr. Hinzu kämen zwei Einrichtungen in Österreich und ein weiteres Zentrum in der Schweiz, die um Professoren und andere akademische Mitarbeiter konkurrierten.
In Münster sind nach den Worten des Direktors nach wie vor drei von sechs Professorenstellen unbesetzt. An den anderen Standorten sehe dies nicht anders aus. Manche Stellen seien in Münster schon zum dritten Mal ausgeschrieben worden. Angesichts der Unterbesetzung bestehe die Gefahr, dass die vakanten Positionen zweitklassig besetzt werden.
Islamische Theologie in Deutschland umfasst derzeit sechs von der Bundesregierung und den jeweiligen Bundesländern geförderte Standorte: an den Universitäten Erlangen-Nürnberg, Frankfurt am Main/Gießen, Münster, Osnabrück, Tübingen und Paderborn. In Berlin startet zum Wintersemester 2019/20 an der Humboldt-Universität (HU) das Institut für Islamische Theologie (BIT).
Nach den Worten Khorchides hat sich die Erwartung der Politik nicht erfüllt, dass sich mit der universitären islamischen Theologie in der Bundesrepublik eine akademische Ausbildung von in Deutschland tätigen Imamen etabliere. Maximal fünf der derzeit rund 840 muslimischen Theologiestudenten in Münster strebten eine Imam-Tätigkeit an.
Der ZIT-Leiter wies auf das unterschiedliche Verständnis von islamischer Theologie hin. Während er darunter eine Befähigung zu einem kritischen Umgang mit Religion unter klaren rationalen Kriterien verstehe, gehe es den Moscheeverbänden allein um die Vermittlung der traditionell verkündeten Wahrheit. Die islamischen Organisationen hegten die Angst, die islamische Wissenschaft könnte von Philosophie und christlicher Theologie unterwandert werden.
Im Austausch mit anderen Theologien und der Implementierung der neuzeitlichen Philosophie sieht Khorchide gerade im deutschsprachigen Raum eine große Chance. Bei Gottes- und Menschenbild gebe es vielleicht mehr Überschneidungen als erwartet. Das Konzept in Münster finde inzwischen international Interesse. So habe er in Form von Blockseminaren Imame in Ägypten unterrichtet.
(KNA – tknmp-89-00166)