Berlin/Leipzig (KNA) Ausländerfeindlichkeit hat laut einer aktuellen Studie in Deutschland zuletzt wieder zugenommen. Von 2016 bis 2018 stieg der Anteil an Menschen, die sich in einer Befragung geschlossen ausländerfeindlich äußerten, demnach von rund 20,4 auf 24,1 Prozent. Das geht aus der am Mittwoch in Berlin vorgestellten Studie “Flucht ins Autoritäre” der Universität Leipzig hervor. In früheren Jahren der Erhebung lag dieser Anteil allerdings noch etwas höher bei Werten um die 25 Prozent. Rund jeder Dritte sieht Deutschland aktuell “in einem gefährlichen Maß überfremdet”.
Die Leipziger Studie wird seit 2002 alle zwei Jahre erhoben und misst repräsentativ die Zustimmung zu autoritären und rechtsextremen Einstellungen. In diesem Jahr wurde im Mai und Juni 1.918 West- und 498 Ostdeutschen ein Fragebogen vorgelegt. Im Kern ging es um sechs Themenbereiche: Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur, Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und Verharmlosung des Nationalsozialismus.
Die Autoren der Studie warnen davor, dass die Abwertung bestimmter Gruppen – wie Muslime, Asylbewerber oder Sinti und Roma – deutlich zugenommen habe. Inzwischen gebe zum Beispiel eine Mehrheit von rund 56 Prozent an, sich “durch die vielen Muslime als Fremde im eigenen Land” zu fühlen. Vor vier Jahren waren es noch 43 Prozent gewesen.
Um die 60 Prozent hätten nach eigenen Angaben Probleme damit, wenn Sinti und Roma sich in ihrer Gegend aufhielten. Eine Mehrheit glaubt, dass sie zur Kriminalität neigten, und findet, sie sollten aus den Innenstädten verbannt werden.
Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, sagte, es bedürfe “großer Anstrengungen des Rechtsstaats und seiner Bildungseinrichtungen diesen gefährlichen Einstellungen entgegenzuwirken”. Er warnte davor, dass “antiziganistische Hetze” zu zunehmender Gewalt führe.
Antisemitismus bleibe ebenfalls ein großes Problem, erklärte Studienleiter Oliver Decker. Bis zu einem Drittel der Befragten habe judenfeindlichen Ansichten zumindest zum Teil zugestimmt. Die Verbreitung eines geschlossenen Antisemitismus sei hingegen rückläufig. Allerdings gebe es zugleich eine wachsende Gewalt- und Handlungsbereitschaft.
Die Studie macht auch Unterschiede zwischen Ost und West aus. In Ostdeutschland sind autoritäre und rechtsextreme Einstellungen danach verbreiteter: 8,5 Prozent der Menschen haben dort eine geschlossen rechtsextreme Einstellung – gegenüber 5,4 Prozent in Westdeutschland. Der zweite Studienleiter Elmar Brähler erklärte den Unterschied vor allem mit einer anderen Sozialstruktur. Zudem verwies er darauf, dass seit der Einheit gerade viele gut ausgebildete Menschen von Ost nach West gezogen seien.
In der Studie wird auch auf die AfD Bezug genommen. In der Partei hätten die Rechtsextremen eine politische Heimat gefunden, heißt es. Wähler der AfD zeigten häufiger als Wähler anderer Parteien ausländerfeindliche oder antidemokratische Einstellungen.
(KNA – sllkr-89-00082)