Ingolstadt/Würzburg (KNA) Der Psychologe Ahmad Mansour sieht eine “Schieflage” in der gesellschaftlichen Debatte über den Umgang mit Minderheiten. Diese sei entstanden “bei bestimmten politischen Kräften, die irgendwie mitbestimmen wollen”, sagte Mansour dem “Donaukurier” (Donnerstag). “Das sind vor allem aus der linken Ecke diejenigen, die eine Identitätspolitik betreiben, das heißt, die Menschen wieder in Gruppen wie etwa Schwarze oder Minderheiten wahrnehmen. Sie nehmen die Gruppen alle als homogen und als Opfer wahr, differenzieren nicht.” Menschen würden dabei nicht individuell betrachtet.
Ein Beispiel für dieses Verhalten sei, “wenn man sagt, dass nur Weiße rassistisch sein können und nur Minderheiten Opfer von Rassismus”, so Mansour. Die Realität sei viel komplexer. “Auch unter Minderheiten gibt es rassistische Einstellungen, die weiter verbreitet sind, als man glauben will.”
Mansour mahnte für ein besseres Miteinander “zwei sehr zentrale Sachen” an: “Das Erste ist Begegnung. Wenn wir eine Altstadt schaffen, wo Begegnung auf Augenhöhe passiert, wo die Leute zusammen leben, arbeiten, zur Schule gehen, hilft das enorm, diese Vorurteile abzubauen.” Das Zweite sei Empathie-Entwicklung. “Je mehr Kinder darin gefördert werden, umso größer ist die Chance, dass sie später nicht diskriminieren.”
Gegenüber der in Würzburg erscheinenden Wochenzeitung “Die Tagespost” plädierte der Publizist ferner für eine Leitkultur, die nicht aus Oktoberfest oder Feierabendbier bestehe. Vielmehr müsse eine solche Leitkultur für Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit und Gerechtigkeit stehen und damit die zentralen Grundrechte der Verfassung im Fokus haben.
Zugleich lobte Mansour die “großartige Solidarität”, die die Menschen in Deutschland in der ersten Phase von Corona gezeigt hätten. “Wir waren füreinander da. Wir haben an die Schwachen und die Älteren gedacht.” Dabei sei deutlich geworden, wie viel Motivation und Potenzial vor allem junge Menschen hätten. Dies solle man sich auch für viele andere Situationen erhalten. Solidarität bedeutet seiner Ansicht nach, Demokrat zu sein und zu wissen, “dass jegliche Form von Extremismus uns alle als Gesellschaft betrifft”. Es gelte deshalb offener und ehrlicher über Rassismus zu sprechen als bisher.
Ahmad Mansour, geboren 1976 in Israel, lebt seit 2004 in Deutschland. Er ist Diplom-Psychologe, Gründer und Geschäftsführer der Mansour-Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention sowie Mitbegründer des Muslimischen Forums Deutschland.
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